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Hallo Blbliolistler/innen!
Ich leite euch hiermt eine E-Mail aus der österreichischen Mailingliste für
Schulbibliotheken weiter.
Im Artikel aus der NZZ geht es u.a. um Sachbücher für Kinder und Jugendliche.
Herzliche Grüße aus dem Amt für Bibliothekswesen
Markus Fritz
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Timo Davogg [mailto:t.davogg@aon.at]
Gesendet: Mittwoch, 28. Januar 2004 17:07
An: Schulbibliotheken
Betreff: [SB] NZZ: Warum ist «Schule doof» und Lernen chic?
http://www.nzz.ch/2004/01/28/fe/page-article9CZL8.html
28. Januar 2004, 02:11, Neue Zürcher Zeitung
Warum ist «Schule doof» und Lernen chic?
Bildung als Freizeitbeschäftigung für Jugendliche
Die PISA-Studie hat auch den Kinder- und Jugendbuchmarkt aufgerüttelt. Eine
Flut von gelehrten Büchern zu naturwissenschaftlichen und philosophischen
Fragen kommt derzeit auf den Markt. Wer also im Audimax der Kinder-Unis keinen
Platz mehr gefunden hat, kann sich auch zu Hause bilden. Ob das funktioniert,
bleibt aber fraglich.
Von Zauberschülern und Piratentöchtern wurde Kindern an verregneten Sonntagen
bisher erzählt, während sich die Jugendlichen mit einem Herz-Schmerz-Roman in
ihr Zimmer zurückzogen. Damit könnte es vorbei sein, folgt man einem
neuerlichen Trend. Der Pionier-Philosophielehrgang «Sofies Welt» ist zwar
längst im Bücherregal verstaut, und dennoch gilt wieder: Statt Feuerproben von
Märchenhelden ist nun «Abenteuer Denken» angesagt, statt der Geheimnisse im
Wunderland stehen künftig die «Rätsel der Welt», von Forschern erklärt, auf dem
Lese- Menu, Bücher voller «Praktiken der Philosophie» oder «Basiswissen zum
Mitreden». Rowohlt etwa hat die Sachbuchreihe «science & fun» kreiert; die
Deutsche Verlags-Anstalt bringt nächstens den zweiten Band der «Kinder-Uni»
heraus (der erste hatte eine Startauflage von 50 000 Exemplaren); Jens
Soentgens im Hammer-Verlag erschienener Ratgeber «Selbstdenken!» bietet jungen
Menschen eine Anleitung zum Philosophieren; und bei Gerstenberg erklärt Frank
Vermeulen in seinem Roman «Der Herr Albert» Jugendlichen auf vierhundert Seiten
die Relativitätstheorie. Einige dieser Bücher sind durchaus gut gemacht. So hat
etwa der bekannte Illustrator Klaus Ensikat «Die Kinder-Uni» mit Bildern
versehen, die den ernsthaften akademischen Rahmen geistreich sprengen. Die
Texte von Ulrich Janssen und Ulla Steuernagel sind Mitschriften der
Vorlesungen, die Professorinnen und Professoren im Sommersemester 2002 an der
Universität Tübingen gehalten haben. Sie sind in einer klaren, einfachen
Sprache verfasst, ohne deshalb anspruchslos zu sein oder sich etwa dem
Jugendton anzubiedern. Auch die Themen, die da behandelt werden, stellen eine
Mischung dar aus grundlegenden («Warum müssen Menschen sterben?») und im
Kontext eher ungewöhnlichen Fragen («Warum ist Schule doof?»). Einige
Standardthemen kristallisieren sich gleich in mehreren solchen Fibeln zu einer
Art Kinder-Bildungskanon heraus. Besonders das Aussterben der Dinosaurier und
das Ausbrechen von Vulkanen scheinen den Forscher-Nachwuchs zu beschäftigen.
Nehmen sich Janssen und Steuernagel dieser Gegenstände angemessen fundiert an,
so werden im Band «Warum ist der Himmel blau? Kinder fragen, Eltern rätseln»
von Bernhard Schulz, Antje Wegener und Carola Zinner die gleichen Themen
wesentlich knapper und eher auf Unterhaltung als auf Vertiefung hin erklärt.
Pointen und ausgefallene Fragen wie «Warum fallen die Vögel im Schlaf nicht vom
Baum?» sollen das Lernen da offensichtlich besonders lustvoll gestalten. Nicht
nur zur Wissensanhäufung, sondern auch zu Reflexionen wollen einige Bücher
Abenteuer Denken» vermittelt auf originelle Weise - über Anekdoten oder Dialoge
- philosophisches Grundwissen. Dezent versucht der britische College-Dozent
dabei auch, die klassische Rollenverteilung zwischen väterlichem Lehrer und
naseweiser Schülerin zu unterlaufen. Fast schon ärgerlich anachronistisch sind
hingegen die Parts in Vermeulens erwähntem Roman vergeben. Da bekommt die
kindliche Protagonistin Einsteins Relativitätstheorie gleich von zwei älteren
Herren erklärt: vom Grossvater und von einem sogenannten Beobachter, einer
imaginären Figur aus Einsteins Gedankenexperimenten. Der Lernprozess der Heldin
wird zwar für die Lesenden erstaunlich gut nachvollziehbar, die fiktive
Geschichte, in welcher er eingebettet ist, scheint aber an den Haaren
herbeigezogen und steht allzu offensichtlich im Dienste der Wissensvermittlung.
Alle diese Bücher unterstreichen das Bedürfnis vieler, sich der gegenwärtigen
Bildungskrise zu stellen. Eine wesentliche Frage allerdings können auch hohe
Verkaufszahlen nicht beantworten. Jene nämlich, ob die Kinder und Jugendlichen
die von besorgten (Gross-)Eltern verteilte verzuckerte Pille auch schlucken und
ob sie sich tatsächlich Relativitätstheorie, Evolution oder das Glühen des
Glühwürmchens auf ein paar Sachbuch- oder auch auf ein paar hundert Romanseiten
erklären lassen wollen - als coole Freizeitbeschäftigung.
Christina Thurner
Ulrich Janssen, Ulla Steuernagel: Die Kinder-Uni. Forscher erklären die Rätsel
der Welt. Mit Illustrationen von Klaus Ensikat. Deutsche Verlags-Anstalt,
Stuttgart 2003. 223 S., Fr. 35.50. - Stephen Law: Philosophie. Abenteuer
Denken. Aus dem Englischen von Anne Braun. Mit Bildern von Daniel Postgate.
Arena-Taschenbuch, Würzburg 2003. 247 S., Fr. 14.-. - Bernhard Schulz, Antje
Wegener, Carola Zinner: Warum ist der Himmel blau? Kinder fragen, Eltern
rätseln. Mit farbigen Illustrationen von Sybille Hein. Rowohlt-Verlag, Berlin
2003. 155 S., Fr. 30.10. - Jens Soentgen: Selbstdenken! 20 Praktiken der
Philosophie. Mit Illustrationen von Nadia Budde. Peter-Hammer- Verlag,
Wuppertal 2003. 223 S., Fr. 33.60. - Frank Vermeulen: Der Herr Albert. Ein
Roman über Einsteins Gedankenexperimente. Aus dem Niederländischen von Rolf
Erdorf. Gerstenberg-Verlag, Hildesheim 2003. 412 S., Fr. 37.10.
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