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Fwd: Sind wir diskursfähig?

To: biblio-list@provinz.bz.it
Subject: Fwd: Sind wir diskursfähig?
From: LG <xx_@xxx.xx>
Date: Wed, xx@xx.xx>
Sender: owner-biblio-list@provinz.bz.it
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Liebe Biblio-Listler,

bevor die Diskussion ins Persönliche abdriftet, sollten wir auf der sachlichen Ebene bleiben.

"Einwände und Änderungsvorschläge von Seiten der Bibliothek Olang und auch der Stadtbibliothek Bruneck wurden zwar zur Kenntnis genommen (entgegen den Behauptungen von Herrn Lothar Gamper), aber geändert wurde an der neuen Systematik  kaum etwas."

Ich behaupte gar nichts, sondern habe den Eindruck aus der ersten Mail gewonnen. Auch obige Äußerungen sprechen ja wohl für sich.


"Tipp zur Bewältigung der Umstellung: In kleinen Schritten denken. Nicht aus Angst vor der unüberschaubaren Menge den Kopf in den Sand stecken. [...] Und zum Schluss noch ein Literaturhinweis:
Pizzecco, dr. med. Toni
Mut machen oder Mies machen?"

Die Vorstellung, dass ich Angst vor größeren Neuerungen in einer Bibliothek haben könnte, wird jene, die mich kennen, ebenso belustigen wie mich selbst.


Aber zurück zum Wesentlichen. Dass ich das Ganze ohnehin nicht so ernst nehme - wie könnte ich ... - dürfte manchem Leser ja schon in meiner ersten Mail nicht entgangen sein. Dennoch geht es um Grundsätzliches: Sollte man mit der Umstellung einer Systematik beginnen, wenn hinterher ebenso viele Mängel zu erwarten sind wie vorher? Ich freue mich schon auf die ESSB 2025 ... Nein, entweder man nimmt zur Kenntnis, dass es noch genügend Ungereimtheiten gibt, die man vielleicht schleunigst ausräumen sollte, bevor man sich an die Arbeit macht, oder man lässt es eben bleiben.

Das Problem ist in einer einzelnen Bibliothek gar nicht so relevant. Es ist auf Grund der Mails an mich persönlich absehbar, dass einige eben ihre Jugendsachbücher beibehalten, Tirolensien weiterhin "hochstellen", Kindersachbücher wie schon bisher genau unterteilen etc. So viel Flexibilität kann die ESSB verkraften, ich kann das nur unterstützen und hoffe, andere können das auch.

Ein einzelner Bibliothekar kann sich auch entscheiden, ob er Bücher zu Albigensern oder Hutterern nun bei Ge 3.5.2 oder bei Ge 3.5.6 einreiht - Hauptsache, das geschieht dort einheitlich. Schwieriger wird es, wenn wir daran denken, dass es eben Bibliotheken gibt, wo unterschiedliche Bearbeiter am Werk sind. Kann der BVS eine einheitliche Systematisierung beim genannten Beispiel oder etwa bei Reiseversicherungen garantieren? Wird es Bibliothekare geben, die Bücher über Hexenverbrennung mit Ge 3.5.6 (Lebenswelten im Mittelalter) systematisieren und dann mit "Mitteleuropa ; Hexenprozesse ; Geschichte 1450-1750" beschlagworten? Können wir garantieren, dass Bibliothekenrecht oder Lebensmittelrecht halbwegs einheitlich systematisiert wird? Und müssen wir uns mit Begriffen wie "Schmerzensrecht" lächerlich machen? Dasselbe ließe sich zu anderen Sachgebieten auch sagen, aber ich wiederhole, dass ich keine Lust habe, alles durchzusehen - schon gar nicht, wenn man ohnehin nicht gewillt ist, irgend etwas zu ändern.
Oder anders gefragt: Ist die neue ESSB offen für Verbesserungen? Lässt die bestehende Systematik Änderungen mit geringem Aufwand zu, damit nicht bald wieder eine Generalüberholung notwendig wird?

In Zeiten knapper Ressourcen an Personal und der nicht zu übersehenden Tatsache, dass viele ehrenamtlich ihre Zeit opfern und so manche hauptamtlich geführten Bibliotheken ebenso an Personalknappheit leiden, müssen Fragen einfach erlaubt sein, bevor man sich in mittelgroßen Bibliotheken einige hundert Stunden an Arbeit vornimmt. Wer das gleich als Miesmacherei abtut und nach dem Motto "Augen zu und durch" von vornherein Diskussionen abblockt, der soll das tun. Aber dann verüble er bitte auch jenen, die alles (auch das BiKo) nicht oder nur halbherzig mitmachen, ihre Haltung nicht. Das Südtiroler Bibliothekswesen wird bald ohnehin um jeden Ehrenamtlichen, der überhaupt noch etwas macht, froh sein müssen. Vielleicht wird es Zeit, mal darüber nachzudenken.

Viele Grüße und weiterhin gute Arbeit,

Lothar Gamper

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