Schreiben am Rand
Zur Marginalie
in der Literatur
Vorträge von
Davide Giuriato (Universität Basel)
Elmar Locher(Universität Verona)
Sandro Zanetti (Universität
Basel)
Freitag, 13. April 2007, 18.00 Uhr / Kultur.Lana,
Hofmannplatz 2
Veranstalter:
Literatur Lana / Bücherwürmer
?Unser Schreibwerkzeug arbeitet mit an unseren Gedanken,? schreibt
Friedrich Nietzsche. Der Satz, der die poetologische Reflexion ebenso umfasst
wie die Inszenierung der genuinen Schreibszene, wirft das Licht auf einen
speziellen Gegenstand der Verquickung von Sprache und Schrift: auf das Phänomen
des Schreibens. Es in seinen Bedingungen, seinen inneren und äußeren
Handlungsmomenten zu untersuchen, war Gegenstand der Basler Forschungsgruppe zur
?Genealogie des Schreibens?.
?Widerstand ? wie (...) im Falle des unwilligen Schreibwerkzeugs ?
zeichnet nach Friedrich Nietzsches Streitschrift "Zur Genealogie der Moral", die
sich vornehmlich für Listen, Taktiken und Strategien interessiert, eine
eigenständige Kraft aus. Die historische Methode der Genealogie interpretiert
nicht nur ?die ganze Geschichte eines ?Dings', eines Organs, eines Brauchs',
etwa des Schreibens, als ?eine fortgesetzte Zeichen-Kette von immer neuen
Interpretationen und Zurechtmachungen (...), deren Ursachen selbst unter sich
nicht im Zusammenhange zu sein brauchen, vielmehr unter Umständen sich bloß
zufällig hinter einander folgen und ablösen', sondern rechnet auch die gegen
diese Überwältigungsprozesse? jedes Mal aufgewendeten Widerstände' hinzu.?
(Martin Stingelin)
Dass zu
diesen Widerständen die Körperlichkeit und Instrumentalität des Schreibaktes
gehören, wird in der Betrachtung zur ?Genealogie des Schreibens? deutlich. Aber
auch dies: ? dass sich am Widerstand und an der Inszenierung von Schreibszenen
die semantischen, gestischen, poetischen und poetologischen Möglichkeiten
entzünden können. Sie gehen ein komplexes Spiel ein, das mitunter einer inneren
Unbestimmbarkeit folgt und erst im Schreiben selbst sichtbar wird. Sichtbar wird
die verästelte Bewegung von Sprache und von Schrift, sichtbar werden in der
Archäologie des Schreibens die topologischen Felder, von denen sich ein
Schreiben herleitet. Einer dieser Orte ist die Marginalie. Vom Rand her nimmt
sie die Spannung auf, leitet die Rede, lenkt oder löst sie oder franst sie
aus.
Die Marginalie in der Literatur steht im Zentrum des
Vortragabends im Kultur.Lana:
Davide
Giuriato versucht eine Geschichte der Randnotiz zu umreißen, anhand
ausgewählter Beispiele von Montaigne über E. A. Poe, P. Valéry bis hin zu F.
Kafka, W. Benjamin und A. Schmidt.
Sandro Zanetti referiert zu einer Randnotiz Friedrich Hölderlins, die aber
nur auf den ersten Blick randständigen Charakter hat; der Vortrag versucht den
Status dieser Marginalie im Rahmen von Hölderlins poetologischen Überlegungen zu
bestimmen.
Elmar Locher referiert über die Textkonstitution, und zwar anhand der
Selbstübersetzung eines Gedichtes des Südtiroler Schriftstellers Gerhard
Kofler.
Alle Interessierten sind zu der Veranstaltung herzlich
eingeladen. (Info: 0473-560031)
____________________________________ Verein der
Bücherwürmer Postfach 104 Hofmannplatz 2 I-39011 Lana
Tel.: 0039 0473 560031 Fax: 0039 0473
560032
|