Hallo Maurizio,
vielen Dank für deine Replik!
Es liegt in der Natur der Sache, dass man von positiven
Entwicklungen berichtet, während man die Schattenseiten weniger groß in die
Welt posaunt ;-)
Du hast mit deinen Anmerkungen durchaus Recht.
Während viele Bereiche sich wirklich sehr positiv entwickelt
haben in den letzten Jahren (und da sind wir heute durchaus Modell für andere
Regionen in Europa), gibt es zwei große Baustellen, an denen gearbeitet wird,
wo aber das Ende der Bauzeit leider nicht konkret benannt werden kann: das ist
zum einen die DOS-Software, mit denen unsere (dt.) Schulbibliotheken immer noch
arbeiten müssen, und zum anderen der Verbundkatalog (Bison), der in seiner
derzeitigen Form weder alles umfasst noch optisch oder technisch vorzeigbar
ist.
Die Vision ist eigentlich schon seit langem das, was du dir
auch wünschst, nämlich ein gemeinsamer Verbundkatalog, der perfekt
funktionieren und alle Bibliotheken Südtirols mit aufnehmen sollte
(„dt.“ und „it.“, ÖBs, WBs, SBs, FBs). Die Komplexität
der Technik (verschiedene Softwarelösungen, verschiedene
„Geschwindigkeiten“) auf der einen Seite und der unter einen Hut zu
bringenden verschiedensten Realitäten (von der kleinen Pfarrbibliothek über die
DOS-Schulbibliothek bis hin zur großen wissenschaftlichen Bibliothek) haben
eine Realisierung bisher verhindert.
Ein solcher Verbundkatalog wäre auch die Basis für ein
schönes Südtiroler Bibliotheksportal nach außen („front office“),
dessen Inbetriebnahme ohne befriedigende Recherchemöglichkeit (Verbundkatalog)
jedoch wenig sinnvoll wäre. (Anm.: Auch ein solches Bibliotheksportal steht
schon lange auf den Strategiepapieren des Amtes für Bibliotheken und Lesen; siehe zB Domain-Reservierung
hier.) (Anm.2: auch für eine entsprechende Smartphone/Tablet-App z.B. ist
ein Verbundkatalog die Voraussetzung, denn die Literaturrecherche ist jenes
Element, das mobil bei einer Bibliotheks-App gefragt ist.)
Zur digitalen Welt: das ist eine Herausforderung, die die
gesamte Bibliothekswelt in Bann hält, die aber deswegen natürlich nicht vor uns
hier im Ländchen Halt macht.
Ich glaube, dass wir in den Bibliotheken vor Ort sehr viele
engagierte Menschen haben, die sehr offen und sehr aktiv sowohl an den
„traditionellen“ Aufgaben als auch an den neuen Herausforderungen
arbeiten und so nutzerzentriert denken und handeln wie kaum eine andere Stelle
in der öffentlichen Verwaltung.
Zentral versuchen wir hier immer wieder Inputs zu geben und
über neue Entwicklungen zu informieren.
Ohne jetzt wieder auf das Vermitteln rein positiver
Nachrichten verfallen zu wollen, möchte ich doch drei aktuelle Beispiele
nennen, die zeigen sollen, wie wir versuchen, die technologische Entwicklung
nicht zu verschlafen (Stichwort: Kind bedient Smartphone):
-
seit 1,5 Jahren bietet die LB
Teßmann südtirolweit die Onleihe an (www.biblio24.it),
zu einem Zeitpunkt, wo im außeruniversitären Bereich (noch) absolut kein Mensch
erwartet, von den Bibliotheken kostenlos E-Books zum Download zu erhalten
-
gerade gestern habe ich (privat)
eine Liste mit inzwischen schon 16 (!) Südtiroler Bibliotheken erstellt, die
über einen eigenen Facebook-Auftritt verfügen (leider nur für Menschen mit FB-Account
hier abonnierbar),
und das in Zeiten, wo die sozialen Netzwerke in der öffentlichen Verwaltung
(Gemeinden) nicht nur ein Fremdwort sind, sondern der Zugriff darauf auch
technisch gesperrt ist …
-
seit kurzem gibt es auch bei uns die
ersten öffentlichen Bibliotheken, die ihren Leser/innen E-Book-Reader zum
Ausleihen und iPads zur Nutzung in der Bibliothek anbieten (an die Mail
angehängt die Faltblätter, die die Öffentliche Bibliothek Toblach zur Info an
die Nutzer/innen mit ausgibt)
Nichtsdestotrotz gilt es, gerade in Zeiten, wo die
Geldmittel knapper werden und zugleich der Rechtfertigungsdruck ansteigt,
bisherige Errungenschaften nicht über Bord zu werfen und zugleich weiter hart
an den gesteckten Zielen zu arbeiten. Je mehr dies auch _gemeinsam_ gelingt und mit der Mithilfe
und der Einbeziehung von vielen Einzelnen, umso besser!
Herzliche Grüße
Daniel
Dr. Daniel Weger
Bibliotheksverband Südtirol
Penegalstr. 17/b
I-39100 Bozen
Tel. +39 0471 28 57 30
Fax +39 0471 40 95 53
www.bvs.bz.it
Von: owner-biblio-list@provinz.bz.it
[mailto:owner-biblio-list@provinz.bz.it] Im
Auftrag von Maurizio Grilli
Gesendet: Mittwoch, 25. Juli 2012
11:46
An: biblio-list@provinz.bz.it
Betreff: AW: Verdienstmedaille des
Landes Tirol 2012 an Bibliothekar/innen
Daniel Weger schreibt: “in der
Tageszeitung Dolomiten wurden am Samstag die Empfänger/innen der
Verdienstmedaillen und Verdienstkreuze ...“
Liebe Liste, lieber Daniel,
es ist immer schön gute Nachrichten zu lesen, besonders in dieser Zeit, wo es
überall in der Presse immer nur Negatives zu lesen und zu hören ist. Selbst in
einer Krisenzeit wie diese ist es nicht möglich, dass alles negativ ist...
In unserer Liste lese ich aber so gut wie nur über positive Sachen und auch das
ist unrealistisch. Ich vermisse ein bisschen kritische Beobachtungen, damit man
richtig fortschreiten kann. Wollte man z.B. im Südtirol schnell wissen, ob und
wo und wie der Zauberberg von
Thomas Mann oder Il sentiero dei nidi di
ragno von Italo Calvino verfügbar sind, wie macht man das? Gibt es
einen Südtiroler Verbundkatalog? Wird es daran gearbeitet? Ein anderer Punkt:
das digitale Zeitalter hat schon vor einiger Zeit angefangen, was tun wir,
damit die elektronischen Datenträger weiterhin so übersichtlich, haptisch,
ergonomisch und angenehm sichtbar bleiben wie auf dem guten alten Holzregal?
Und noch etwas vermisse ich: Verbundkatalog heißt back office, wird es an einem
front office gearbeitet? Ein Südtiroler Bibliotheksportal auf dem die
BürgerInnen in dieser Ecke Welt die Informationen leicht und angenehm finden
können, die sie zu ihrem beruflichen Leben und ihrer Freizeit brauchen?
Vorsicht ich rede immer von Südtirol, wie ich von Emilia-Romagna oder Campania
oder Baden-Württemberg reden würde. Also von EINEM Südtirol. Draußen überall
drum herum gibt es eine Welt, die immer mehr international ist, die sich an
internationale Speicherformate und Katalogisierungsstandards hält. Wir, so
scheint es mir, schauen ein bisschen zu intensiv jeder innerhalb des Rahmes des
eigenen Tellerrandes, um einen Bereich zu verteidigen und Dinge zu schützen,
die schon längst keiner mehr angreift. Wenn wir so weiter machen, werden wir
einmal den Blick heben und entdecken, dass wir alleine geblieben sind, denn die
neuen Generationen wollen vor allem leben und leben in einer normalen Umgebung
mit normalen Erfolgen, normalen Problemen, normalen Leidenschaften und normalen
Enttäuschungen wie alle anderen neuen Generationen in Europa. Auf dem letzten
Slight der PPT-Präsentation des Holländer Gastes, der vor zwei Jahren uns auf
dem Verband-Kongress berichtet hat, gab es ein kleines Kind, das mit einem
smartphone nach Informationen gesucht hat. Es gab eine Anspielung zu den
Erwachsenen, die die technologische Entwicklung verschlafen haben. Das war
keine weite Zukunft, sondern die absolute Gegenwart. Also eigentlich ist es
schon zu spät. Wie wäre es, wenn wir (das ganze Südtiroler Bibliothekswesen)
ohne zu zögern zu einem gemeinsamen Südtiroler Back- bzw. Frontoffice arbeiten
würden? Und das mit der absolut einzigen Einstellung, ausschließlich für den
Vorteil unserer Benutzer zu arbeiten?
Liebe Grüße
Maurizio Grilli
Scuola Provinciale
Superiore di Sanità
Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe
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